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(DE) Deutsche Bahn: "Drum teste, wer sich ewig bindet" - die neue Virtual-Reality-Experience



Interview mit Maximilian Lerch, Leiter Digitale Innovationen Personalgewinnung und Recruitingsysteme, Deutsche Bahn, zur db.jobs experience

 

Vor kurzem hat die Bahn ein Tool gelauncht, das meiner Meinung nach viel Potential für die Zukunft hat: Eine virtuelle Job-Erlebnis-Welt für Kandidaten. Eine Mischung aus Infotainment und Berufsdemo, sowohl für den Eigengebrauch wie auch für VR-Brillen auf Events.


Ich weiß, was viele denken: Die Bahn kann es sich leisten. Meine Meinung war aber schon immer, dass Budgets nicht ausreichen, denn man kann viel Geld auch falsch ausgeben. Es braucht für Inovation auch Mut und ein Gespür dafür, was Kandidaten bewegt. Man muss ausprobieren und schauen, ob es ankommt.


Zeit also einmal, mit dem Ideengeber und Verantwortlichen hinter dem Projekt der db.jobs experience zu sprechen.


Julian: Max, wir kennen uns schon eine ganze Weile, aber erkläre den Lesern doch bitte einmal deinen Titel: "Leiter Digitale Innovation" klingt nach einem richtigen Traumjob. Und Innovation wünschen sich ja viele HR-Teams.


Max: In meiner Rolle bin ich verantwortlich für digitale Lösungen speziell im Recruiting und die Weiterentwicklung unserer bestehenden Systemlandschaft.


Das umfasst unser Karriereportal als zentrale Anlaufstelle für Bewerbende, unseren Chatbot, den Job-Kompass zur Berufsorientierung, das Tracking unserer Anwendungen, die nutzerzentrierte und datenbasierte Weiterentwicklung der Anwendungen, das ATS Avature und als neuestes Mitglied der DB auch unsere neue 3D Plattform, die db.jobs experience.

 

Julian: Das ist eine ganze Menge. Wie würdest du denn eure neue db.jobs experience in einem Satz beschreiben?


Max: Drum teste, wer sich ewig bindet.

 

Julian: Schön gesagt. Wer ist die Zielgruppe, und was haben Kandidaten von dem Tool?


Max: Alle, die an der Deutschen Bahn interessiert sind, gehören zu unserer Zielgruppe. Da die Lösung browserbasiert ist, kann sie auf jedem Endgerät ohne Login genutzt werden – egal ob jung oder alt.


Wir bieten einen völlig neuen Zugang zu den Jobs der DB. In unserer animierten 3D-Welt machen Mitarbeitende Berufsbilder erlebbar.


So erklärt etwa Clara den Beruf der Zugverkehrssteuerin und lädt dazu ein, die Bedienung des Relaisstellwerks direkt selbst auszuprobieren. Solche interaktiven Erfahrungen bieten tiefere und nachhaltigere Eindrücke als nur Videos und Texte.


Julian: In der db.jobs experience klicke ich mich durch eine virtuelle Empfangshalle in 3D. Wähle ich Infos zur Ausbildung oder zum Direkteinstieg aus, öffnet sich die Karriereseite in einem neuen Fenster.


Einmal ein Stellwerk leiten


Ein Aufzug in der Halle bringt mich dann etwa zum Stellwerk, wo ich den Beruf eines Zugverkehrssteuerers (sag das mal schnell dreimal hintereinander…) nachspielen kann. Lasse ich an einem Terminal zwei Züge unfallfrei ein- und ausfahren, kann ich mehr zum Beruf erfahren oder mich gleich auf die Ausbildung bewerben.


Es ist also eine Mischung aus Entdecken, Lesen und Nachspielen. Wie habt ihr die richtige Balance aus spielerisch und realistisch, unterhaltsam und informativ, easy und challenging gefunden?


Max: Ich habe ein Mini-Team, Tamara und Philipp, die dafür brennen, unsere Games und Inhalte optimal auf die Nutzer:innen auszurichten. Sie arbeiten eng mit den Geschäftsfeldern zusammen, binden das Personalmarketing ein und sprechen sowohl mit Recruiter:innen als auch mit den User:innen.


Diese gesammelten Informationen übersetzen sie dann für unser Entwicklerteam. Dabei bewegen sie sich ständig zwischen den Welten.


Bereiten uns allen viel Freude: Menschen, die ICEs reparieren


Julian: Das Ganze ist desktop- und mobilfreundlich. Aber ich muss schon mit Ladezeiten rechnen. Und mir Zeit nehmen, mich durch Info-Videos, Links und Erklärungen zu klicken. Haben junge Menschen so viel Geduld? Wie viel Zeit verbringen sie mit dem Tool, und was klicken sie am meisten an?


Max: Ja, absolut. Zwar gibt es ab und zu Ladezeiten, aber rein technisch ist es eine Meisterleistung, dass trotz der Größe und umfangreichen Inhalte weder ein Download noch eine Installation nötig sind – das wird vor allem die Technik-Fans freuen.


Unsere User:innen verbringen im Schnitt etwa fünf Minuten auf der Plattform. Besonders erfreulich ist, dass sich viele Nutzer:innen nach der Interaktion mit der Plattform bewerben.


Unser Ziel ist es, die Bewerbenden bestmöglich zu informieren, damit sie fundierte Entscheidungen treffen können – und das gelingt uns sehr gut.

 

Julian: Welche Technologien stecken in dem Tool, und mit welchen Partnern habt ihr es umgesetzt?


Max: Wir haben die Plattform von Grund auf mit Ressourcen der Bahn und einem tollen Entwicklerteam auf Unity-Basis umgesetzt.


Wir arbeiten noch an der Integration eines Multiplayer-Features zur Umsetzung von virtuellen Events und Interviews und einer Umsetzung für VR-Geräte, um das Erlebnis noch zu steigern.


Vor dem Projektstart im Februar 2023 haben wir eine umfangreiche Recherche zu bestehenden Lösungen externer Anbieter durchgeführt. Sie zeigte, dass die bislang am Markt verfügbaren Lösungen unsere Ansprüche an Datenschutz, Hosting, Zugangsmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheit nicht hinreichend erfüllen können.


Daher haben wir uns dafür entschieden, eine eigene 3D-Plattform von Grund auf selbst zu konzipieren und entwickeln.


Eine Baustelle mit Purpose-Message


Julian: Kannst du etwas zum Zeitaufwand und den Kosten des Projekts sagen?


Max: Das Projekt lief etwa 1,5 Jahre. Die Idee dazu hatte ich schon länger, und der Metaverse-Hype hat den Anstoß zur Umsetzung gegeben – auch wenn der Hype inzwischen abgeflacht ist.


Anfangs haben Philipp und ich das Projekt zu zweit konzipiert, später noch Tamara an Bord geholt und das Entwicklerteam eingebunden.

 

Julian: Und was kam bisher dabei für euch raus?


Max: Wir beobachten, dass die User:innen sich gut mit den Inhalten auseinandersetzen und die Job-Räume erkunden. Bisher verzeichnen wir ca. 9.000 Besucher:innen ohne den Einsatz von Werbemitteln.


Daraus haben wir einen guten Anteil Bewerbungen generiert und viele Einblicke in die Berufe der DB gegeben. Es hat sich gezeigt, dass viele Bewerbende, die die Plattform genutzt haben, eine informiertere und zielgerichtetere Entscheidung treffen.


Julian: Was hat dich persönlich am meisten überrascht, und was würdest du im Nachhinein anders machen?


Max: Ich bin beeindruckt von dem Engagement aller beteiligten Personen und dem durchweg positiven Feedback.


Würde ich nochmal von vorne anfangen, würde ich vielleicht von Anfang an mehr verschiedene Job-Räume anbieten. Das holen wir aber mit regelmäßigen Updates nach.

 

Julian: Welchen Tipp gibst du anderen HR-Teams, die sich mit Technologie transparenter und attraktiver machen wollen?


Max: Mutig sein, Hypothesen aufstellen, User befragen, umsetzen, auswerten und dann entweder weitermachen oder anpassen. Und ganz wichtig: Die Wirtschaftlichkeit dabei nicht aus den Augen verlieren.

 

Julian: Und was für Innovationen habt ihr noch in der Pipeline?


Max: Unser Fokus liegt momentan auf der Automatisierung des Recruitingprozesses. Das klingt erstmal nicht spektakulär, aber Technologien wie RPA und AI werden uns bald viele Abkürzungen ermöglichen, die dafür sorgen, dass Recruiter:innen näher an den Bewerbenden dran sind und der gesamte Recruitingprozess schneller abläuft.

 

Julian: Ich beobachte gerade einen Innovations-Schub im Recruiting und Employer Branding. Welche Trends siehst du am Horizont, wohin geht die Reise?

 

Max: Ich bin gespannt, was uns AI noch bringen wird, insbesondere unter Berücksichtigung von Datenschutz und EU-Regulierungen. Automatisierte Stellenanzeigen und AI-generierte Bilder für Kampagnen sind ein erster Schritt.


Langfristig könnte ein AI-gesteuerter Companion interessant sein, der in Messenger-Dienste eingebunden ist und die Bewerbenden vom ersten Kontakt über den Bewerbungsprozess bis hin zum Onboarding begleitet und ebenfalls als Kontaktkanal zu Recruiter:innen dient. Das kann gern auch über den gesamten Employee Lifecycle gedacht werden.


Julian: Max, danke für das Gespräch, und ich bin gespannt auf die nächsten Ideen aus eurer Innovations-Schmiede!


 Zur db.jobs experience: https://experience.db.jobs/


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